Der Mensch hat eine äußerst sensible Nase. Auch wenn viele Tiere eine Geruchswahrnehmung haben, die unserer bei weitem überlegen ist, so spielt doch die Wahrnehmung von Gerüchen auch bei Menschen eine überragende Rolle. Gerüche entscheiden nicht nur darüber, ob wir eine Speise als genießbar empfinden, sondern auch ob wir uns an einem Ort wohlfühlen, und sogar die Partnerwahl wird vom Duft des Gegenübers maßgeblich beeinflusst.
Schlechte Gerüche lösen können Unwohlsein und Unbehagen bis hin zu einer Fluchtreaktion auslösen. Schlechte Gerüche können daher auch das Zusammenleben in der Nachbarschaft wesentlich beeinträchtigen oder ganz verleiden. Objektiv ist eine Geruchsbeeinträchtigung jedoch oft sehr schwierig zu beurteilen, daher gibt es eine Reihe von Kriterien bei der Beurteilung zu beachten: einerseits gilt es Ort, Zeit, Häufigkeit und die Dauer der Beeinträchtigung zu beachten, darüber hinaus ist auch das Umfeld, die Intensität, und die Ortsüblichkeit zu betrachten.
Ein Misthaufen in der Stadt findet nicht dieselbe Akzeptanz wie auf dem Land und muss daher auch nicht toleriert werden. Wenn sich in der Nachbarschaft jedoch viele Bauernhöfe befinden, so kann man von einer Ortsüblichkeit ausgehen. Dasselbe gilt natürlich auch, wenn ein Bauer Mist oder Gülle auf den Feldern ausbringt.
Wichtig in der Beurteilung ist daher, dass die Geruchsbelästigung das ortsübliche Maß überschreitet und gleichzeitig die normale Benützung der Wohnung, des Hauses bzw. des Grundstückes wesentlich beeinträchtigt. Besondere Empfindlichkeiten des gestörten Nachbarn werden allerdings nicht berücksichtigt. Bei der Beurteilung kommt es immer auf das Empfinden eines Durchschnittsmenschen im betroffenen Gebiet an. Auch wird eine einmalige Belästigung ohne Wiederholungsgefahr und ohne längere Auswirkungen nicht genügen, um einen Unterlassungsanspruch zu begründen.
Immer häufiger kommt es zu Interessenkonflikten zwischen Rauchern und Nichtrauchern. Das Rauchen in einer Wohnung gehört zur freien Lebensentfaltung und kann daher von niemanden untersagt werden. Hier gilt es allerdings zu beachten, dass der Zigarettenrauch in der Wohnung bleibt und nicht den Nachbarn in seinem eigenen Recht auf „ruhigen Genuss“ seiner Wohnsphäre beeinträchtigt. Dies wäre insbesondere dann der Fall, wenn der der Zigarettenrauch durch die Wohnungstüre und den Gang in die Nachbarwohnung zieht oder ständig am Balkon geraucht wird und der Zigarettenrauch zur Wohnung oberhalb hinauf zieht. Hier gilt das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme zu beachten.
Vereinbarungen eines Rauchverbotes in der Hausordnung, Mietvertrag oder im Wohnungseigentumsvertrag
Ein Rauchverbot für Bereiche außerhalb der eigenen Wohnung könnte theoretisch vertraglich vereinbart werden, wenngleich uns eine derartige vertragliche Vereinbarung noch nie begegnet ist; ein Verstoß würde in Folge einen Unterlassungsanspruch gegen den Störenfried möglich machen. Ein generelles Rauchverbot für einen Mieter im Mietvertrag zu vereinbaren könnte allerdings wegen glücklicher Benachteiligung des Mieters unwirksam sein und sollte sich höchstens auf das Innere des Mietobjekts beschränken.
Oberstgerichtliche Entscheidung zum „rauchenden Nachbarn“
Der OGH entschied vor einigen Jahren (2 Ob 1/1k), dass sofern in einer Wohnanlage ein Mieter auf seiner Loggia (oder bei geöffneten Fenstern in seiner Wohnung) bis zu 5,5 Stunden täglich intensiv wahrnehmbaren, von seinem rauchenden Nachbarn ausgehenden Zigarrengeruch ausgesetzt ist – unabhängig von einer allfälligen Gesundheitsschädlichkeit – eine nicht ortsübliche und wesentliche Beeinträchtigung durch Geruchsimmissionen vorliegt. Dem betroffenen Mieter steht ein Unterlassungsanspruch zu, der jedoch aufgrund einer Abwägung mit den Interessen des rauchenden Nachbarn (wechselseitiges Rücksichtnahmegebot) auf bestimmte Tageszeiträume zu beschränken ist. In seiner Begründung führt der OGH aus: Das Eindringen von (Zigarren-)Rauch in die Nachbarwohnung stellt keine unmittelbare Zuleitung iSd § 364 Abs 2 zweiter Satz dar, die unabhängig von Ortsüblichkeit und Wesentlichkeit untersagt wäre. Bei der Auslegung der Begriffe „ortsübliche Verhältnisse“ und „ortsübliche Benützung“ ist in größeren Städten das betroffene „Viertel“ maßgeblich, wobei auch die konkrete Lage der Wohnungen der Streitteile zueinander zu berücksichtigen ist. Eine allfällige „wesentliche Beeinträchtigung“ ist anhand eines objektiven Maßstabes (Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen) zu prüfen, wobei persönliche Lebensumstände und individuelle Gewohnheiten aller Beteiligten in die vorzunehmende Interessenabwägung einfließen können.
Achtung vor Selbstjustiz
Feuer bekämpft man am besten mit Feuer. Dasselbe gilt aber nicht unbedingt mit schlechten Gerüchen. Der oberste Gerichtshof hatte sich mit einem Fall auseinanderzusetzen gehabt, in welchem sich ein Mieter mit schlechten Gerüchen gegen Zigarettenrauch zur Wehr setzen wollte. Diese Selbsthilfe führt allerdings zur Kündigung dieses Mieters. Der OGH hat in diesem Fall (9 Ob 510/94) wie folgt geurteilt: „Das rund fünfzehnmalige bewußte Versprühen von den Mitbewohnern als übelriechend empfundener Substanzen auch durch einen ansonsten ruhigen und zurückgezogen lebenden, Zigarettenrauch als störend empfindenden Mieter als Reaktion auf für ihn unangenehme durchaus allgemein übliche Gerüche (zB Zigarettenrauch) im Haus verwirklicht im vorliegenden Fall den Kündigungsgrund des unleidlichen Verhaltens nach § 30 Abs 2 Z 3 MRG.“